Deutsche Türkei Zeitung

Erbeben-Tote: Baupfusch ist schuld

Nach dem Erdbeben in der osttürkischen Provinz Van wurden bisher 500 Menschen tot geborgen. Die Suchmannschaften rechnen mit vielen weiteren Todesopfern. Viele Gebäude sind eingestürzt, weil beim Bau gepfuscht wurde. Luftbilder sehen in allen betroffenen Orte gleich aus: Die meisten Gebäude sind nahezu unbeschädigt, aber zwischendrin sind einige Häuser wie Kartenhäuser zusammengestürzt.

Pfusch am Bau in der Türkei ist gang und gäbe

Einige Beispiele:

- Bei der üblichen Skelettbauweise sind die Pfeiler oft viel zu dünn oder mit schlechtem Beton gebaut.

- Der Stahl im Beton ist nicht geriffelt, sondern aus "Kostengründen" glatt.

- Beton hat nicht die richtige Mischung aus Zement, Sand und Kies. Oftmals wird einfach kieshaltige Erde verwendet.

- Die meisten Bauarbeiter haben keine Ausbildung. Oft haben sie letzte Woche noch als Gemüsebauer gearbeitet.

- Viele Häuser werden privat und schwarz gebaut. Es wird kein Fertigbeton verwendet. Zement und Sand werden auf der Baustelle nach einem beliebigen Verhältnis gemischt. Und Ahnung vom Bau hat natürlich niemand.

Nur wenige Häuser waren versichert

Nur neun Prozent der Häuser in Van waren gegen Erdbeben versichert. Gerade mal 7.318 der Häuser von insgesamt 84.000 in der Provinz seien versichert, teilte der Türkische Katastrophen Versicherungs-Pool (TCIP) mit. Die Zahlungen für Häuser, die nur leicht durch das Erdbeben beschädigt worden sind, würden innerhalb von zwei Wochen starten. Der Beginn der Zahlungen für Häuser, die deutlich beschädigt wurden, beginne in einem Monat.

Strafgesetz soll verschärft werden

Artikel 383 des Türkischen Strafgesetzbuches soll verschärft werden. Bei Leichtsinn und Fahrlässigkeit, die zum Tod von Menschen führen, gibt es bisher bis zu fünf Jahre Haft. Künftig soll es z.B. bei Baumängeln im Falle eines Erdbebens die dreifache Höchststrafe geben. Sowohl die Haftstrafe als auch die Verjährungsfrist werden erhöht. Wer den Tod von einem oder mehreren Menschen zu verantworten hat, muss demnach in Zukunft mit einer Haftstrafe von 2 bis 15 Jahren rechnen. Wurde dabei bewusst gehandelt und die Person nahm die Folgen in Kauf, kann die Strafe um bis zu 50 Prozent erhöht werden. Pfusch am Bau kann somit für die Verantwortlichen maximal 22,5 Jahre Haft bedeuten. (26.10.2011)