Deutsche Türkei Zeitung

"Mekka blickt nach Osnabrück"

Die Universität Osnabrück hat den Zuschlag für einen der ersten Islam-Studiengänge in Deutschland bekommen. Die Hochschule hat sich zusammen mit der Universität Münster unter bundesweit fünf Bewerbern durchgesetzt. Zum Wintersemester 2011/2012 beginnt das neue Islam-Institut mit der Arbeit.

Ziel ist, wissenschaftlichen Nachwuchs zu fördern sowie islamische Religionslehrer und Imame auf Basis theologischer Forschung auszubilden. Bisher kommen die in Deutschland tätige Imame meist aus der Türkei und sprechen kein Deutsch. Experten sehen darin ein großes Hemmnis für die Integration der etwa vier Millionen Muslime in Deutschland.

Die von der Bundesregierung einberufene Islam-Konferenz hat beschlossen, dass an deutschen Schulen bundesweit Islam-Religionsunterricht angeboten werden soll. Dafür wird jetzt an staatlichen Hochschulen das notwendige Personal ausgebildet. Insgesamt geht es um 2.000 Fachkräfte. Für fünf Jahre stellt der Bund 16 Millionen Euro für insgesamt vier Standorte bereit.

Heute startet Weiterbildungsporgramm für Imane

Bereits heute startet das erste bundesweite Weiterbildungsprogramm für Imame an einer Hochschule. Zwei Semester lang werden sie Blockseminare an der Universität Osnabrück besuchen, sich mit Religionspädagogik beschäftigen, das Verhältnis von Staat und Religion in Deutschland kennenlernen und in Kontakt zu evangelischen und katholischen Theologen sowie einem Rabbiner treten. Auch Exkursionen etwa zum Deutschen Bundestag sind vorgesehen.

30 Studienplätze stehen für haupt- und ehrenamtliche Imame und muslimische Seelsorgerinnen bereit. Das Studienangebot verbreitete sich vor allem über Mund-zu-Mund-Propaganda. Zu einem Schnuppertag kamen mehr als 90 Interessierte in den Hörsaal, rund 50 haben sich schließlich beworben. Die Universität führte daher Auswahlgespräche. Wer an der Islam-Fortbildung teilnimmt, muss Mindestkompetenzen in der deutschen Sprache vorweisen, damit er alles verstehen kann.

Die Professoren Ceylan und Ucar sehen die Fortbildung von Imamen nur als Anfang. Auf Dauer wünschen sie sich ein komplettes Imam-Studium an deutschen Universitäten, damit muslimische Theologen eine moderne akademische Ausbildung wie ihre christlichen und jüdischen Kollegen erhalten. Ceylan sieht darin auch ein dringend nötiges Gegenkonzept zu Lockangeboten extremistischer Imame: Salafisten, die gut Deutsch sprechen und als Cyber-Imame ihre vereinfachende Botschaft im Internet verbreiten, wirkten auf manche muslimische Jugendliche sehr attraktiv, warnt er. Daher sei es nötig, dass gemäßigte Imame dem Paroli bieten könnten. "Theologie muss geistig frei atmen können", fordert Ceylan, und das sei in mehrheitlich islamischen Ländern leider nicht möglich. Deshalb erhofft er sich, dass von der Ausbildung in Osnabrück Impulse für die gesamte islamische Welt ausgehen. "Mekka blickt nach Osnabrück", lautet daher sein Wunschtraum. (14.10.2010)