Deutsche Türkei Zeitung

Türkische Medien in der Krise

Den türkischen Medien ging es gut. Die Zeitungen erfreuten sich an wachsender Auflage. Doch jetzt trifft die Finanzkrise auch die Türkei immer stärker. Zudem machen sinkende Werbeeinnahmen das Leben schwerer.

Die Krise hat die Türkei voll erwischt - und sie beginnt auch, in der türkischen Zeitungslandschaft tiefe Spuren zu hinterlassen. Die großen türkischen Medienkonzerne, die auch die meisten der rund 20 überregionalen Tageszeitungen des Landes herausgeben, kämpfen nicht nur mit drastischen Einbußen bei den TV-Spots und Anzeigen. Bei den Printmedien wird das Ergebnis zusätzlich durch deutlich gestiegene Materialkosten belastet, vor allem für Papier.

Die Krise kam umso überraschender, weil der türkische Medienmarkt seit Jahren einen Boom verzeichnet, und dies nicht nur beim Fernsehen. Im Gegensatz zum Trend in Westeuropa stiegen auch die Auflagen der Printmedien. Die Aussichten schienen gut: Eine Studie sagte noch im vergangenen Sommer der türkischen Medienbranche ein starkes Wachstum voraus. Für die Printmedien prognostizierten die Experten bis 2012 einen Umsatzanstieg von 7,8 Prozent jährlich. Damit stand die Türkei weltweit als einer der interessantesten Zeitungsmärkte da. Nicht zuletzt diese Aussichten dürften die Axel Springer AG dazu veranlasst haben, sich im November 2008 mit knapp zehn Prozent am größten türkischen Medienkonzern Do an zu beteiligen. Die globale Rezession wird nun das Wachstum auch hier erst einmal dämpfen.

Existenzbedrohende Dimensionen hat die Krise allerdings bisher für keinen der großen Zeitungsverleger, denn die türkischen Medienkonzerne gehören überwiegend zu riesigen Industrie-Holdings. Viele türkische Großunternehmer haben sich im Laufe der vergangenen Jahrzehnte Medienbeteiligungen zugelegt, weil sie sich davon politischen Einfluss und einer Förderung ihrer sonstigen Geschäftsinteressen versprechen. Dass insbesondere viele Printmedien seit Jahren Verluste machen, war für die Konzernherren deshalb zu verschmerzen. Durch die Krise hat sich die Situation vieler Verlage allerdings verschärft, so dass die Medienbosse nun gegenzusteuern versuchen.
Sie tun es vor allem mit Entlassungen. Die Cukurova-Gruppe, zu der neben dem TV-Kanal Show unter anderem die Zeitungen "Aksam", "Günes" und "Tercüman" sowie mehrere Magazine gehören, hat in den vergangenen Wochen bereits über 400 Beschäftigten gekündigt. Ismail Kücükkaya, Chefredakteur des Boulevardblatts "Aksam", sieht zwar Entlassungen "nur als allerletztes Mittel". In den Redaktionen der Cukurova-Gruppe geht aber die Angst vor weiteren Kündigungen um. Der Turkuvaz-Medienkonzern hat bisher rund 50 Entlassungen ausgesprochen. Die Ciner-Gruppe stornierte als Reaktion auf die Krise Pläne für den Start einer neuen Tageszeitung unter dem Namen "Habertürk", bringt stattdessen ein neues Magazin, die türkische Ausgabe von "Newsweek".

Auch bei Do an Yay n, dem größten Medienkonzern des Landes, zittern viele um ihre Arbeitsplätze. Do an produziert mit seinem Flaggschiff "Hürriyet", den Zeitungen "Milliyet", "Radikal", "Posta", dem Wirtschaftsblatt "Referans" und der Sportzeitung Fanatik rund 40 Prozent der türkischen Tageszeitungsauflage und kassiert sogar 60 Prozent aller Anzeigenerlöse. Bei Hürriyet sei jeder fünfte Arbeitsplatz gefährdet, heißt es jetzt in der Branche. Die freitags erscheinende Wochenendbeilage hat "Hürriyet" bereits eingestellt. Die Wochenmagazine "Tempo" und "Seda" hat Do an ebenfalls vom Markt genommen. Auch beim Do an TV-Sender CNN Türk werden Kündigungen befürchtet.

Konzernherr Aydin Do an kämpft in seiner Mediensparte nicht nur mit sinkenden Werbeeinnahmen. Er ist auch in eine erbitterte Fehde mit Ministerpräsident Erdo an verstrickt, seit Do an-Blätter in den vergangenen Monaten immer wieder von angeblichen Korruptionsskandalen der Regierung schrieben. Der Premier rief öffentlich zu einem Boykott der Do an-Medien auf. Auch andere Unternehmen der Holding kamen unter Druck. So ist die Do an-Mineralöfirma Petrol Ofisi mit massiven Bußgeldern der Finanzbehörden konfrontiert - ein Beispiel dafür, dass Medienmacht nicht immer förderlich ist.