Deutsche Türkei Zeitung

Giftmorde in Alanya/Türkei

Eigentlich hat es nie aufgehört. Die Rede ist von einer regelrechten Vergiftungswelle in den neuen Stadtteilen von Alanya. Sie hat in Oba und Cikcilli für viele Opfer gesorgt und rollt jetzt auf Tosmur zu. Sie zielt auf die ohnehin geschundenen Straßentiere,und trifft allzu oft auch Besitzertiere. Man traut sich nicht mehr mit den eigenen Tieren raus.

Viele von uns haben obdachlose Tiere aufgenommen und denken an die armen Straßenhunde und Katzen, die glücklich über jeden eßbaren Happen, weiterhin auf der Straße leben.

Vorzugsweise wird das Gift in Köfte und Hohlknochen eingearbeitet und als letzte Mahlzeit für die Tiere in Nähe der Müllconbtainer gelegt. Der Todeskampf läßt nicht lange auf sich warten. Die Muskulatur verkrampft sich, die Organe werden vom Gift zerfressen. Furchtbare Minuten folgen, bevor der erlösende Tod eintritt. Dann kommt die Müllabfuhr...

Keiner will es gewesen sein, nicht die Stadtverwaltung und nicht der bösartige Nachbar von nebenan. Aber eindeutige Zeichen wie ausfließendes Blut und Schaum aus dem Maul, sprechen eine andere Sprache. Aus Altersschwäche sterben, sieht anders aus. Zumal ein Straßentier eh nicht besonders alt wird. Zu beschwerlich ist ihr Leben.

"Vorsicht: Kinder an Gift gestorben"

ist als Artikel in der Printausgabe Nr. 16 von 2007 der PRIMA TÜRKEI erschienen, und er ist so aktuell wie je zuvor. Damals wurden Stimmen laut, die sich über den Titel erregten. Es wurde ein Vergleich von Kindern zu Tieren unterstellt. Für mich ist nach wie vor ein kleines Wunder, dass es bisher nicht zu einem Unglück am Menschen gekommen ist. Kinder setzen sich auch gerne einmal auf den Boden und stecken sich danach wieder die Fingerchen in den Mund. Um so drückender steht die Frage im Raum: "Warum riskieren die Giftleger das?"

"Vorsicht Gift: Kind an Gift gestorben!"

So wird die nächste Schlagzeile lauten, wenn den Leuten, die Gift im Raum Alanya auslegen, nicht ganz schnell das Handwerk gelegt wird. Unsere Redaktion und das Tierheim erreicht in den letzten drei Tagen ständig die Meldung von vergifteten Tieren.

Nicht unüblich ist, dass vor und nach der Saison die Straßen und Strände "gereinigt" werden. Das bedeutet im Klartext, dass die besitzerlosen Tiere vergiftet werden. Straßenhunde und Katzen werden auf furchtbare Art und Weise einfach entsorgt. Diesen Massenvergiftungen fallen auch immer einige Haushunde und Hauskatzen zum Opfer.

Aber nun haben wir eine ganz neue Variante: Gift wird während der Saison ausgelegt. Vermutlich vom Fahrzeug aus, ins Grüne zwischen Strand und Straße geworfen.

Was passiert mit den betroffenen Tieren? Nachdem die Tiere das Gift in Ködern zu sich genommen haben, verlieren sie innerhalb weniger Minuten erheblich an Körperflüssigkeit aus der Schnauze. Sie schwanken, weinen, fallen um. Dann läuft ihnen das Blut aus dem Maul. Das Gift leistet ganze Arbeit. Es wirkt innerhalb von maximal zwanzig Minuten. Zu wenig Zeit für die Besitzer, zu einem Tierarzt zu fahren, aber für die sterbenden Tiere wie eine nie endende Hölle. Zwanzig Minuten schlimmste Qualen.

Die Straßentiere sterben so einsam wie sie auch gelebt haben. Ihre Kadaver werden eingesammelt und entsorgt. Schon ist der Ort "bereinigt" unter dem Motto: "Unsere Stadt soll schöner werden." So ist es auch wohl in der Sitesi in Tosmur gelaufen. Jeder kennt sie, weil sie direkt an der Fünfunddreißig-Meter-Straße liegt.

Hier gab es mal Katzen und Hunde, nun ist die Sitesi "sauber"! Keine Katze, kein Hund ist mehr auf der Straße zu sehen. Auch Ates hat mit seiner Familie in dieser Sitesi gewohnt, in der es früher nie ein Problem mit Tieren gab.

Traurigkeit, Kummer, Entsetzten und grenzenlose Wut, werfen Fragen auf:Wer tut so etwas? Was sind das für Kreaturen?Wer kommt an diese Art von Gift? Der Otto-Normalverbraucher mit Sicherheit nicht, aber wer dann...?Wer gibt den Auftrag und wer führt ihn aus?Sind diese Menschen sich dessen bewußt, dass ihr Gift auch Menschen töten kann? Mal vom vergifteten Grundwasser ganz zu schweigen.Was ist, wenn die Opfer nicht Bergus, Ates oder Zeytin heißen? Sondern Nicole, Dilara, Jens oder Tamara?
Viele haben nicht vor, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Es wäre schön, wenn sich die anderen Betroffenen zusammen tun würden. Leute, deren Tier getötet worden ist, oder die Angst um ihre Katzen und Hunde haben.

Wissen Sie, wo man noch unbedarft mit seinem Hund spazieren gehen kann? Geht es Ihnen auch so, dass sie ununterbrochen schauen, dass Ihr Hund nichts aufnimmt, oder schnuppert? Von Entspannung keine Spur mehr und die Hunde sind auch verwirrt, von dem angespannten Frauchen. Wenn Sie Verdächtiges sehen, machen Sie bitte ein Foto. Die meisten Handys haben inzwischen diese Funktion.

Angelika Kammer
angelika@tuerkei-zeitung.de